Konzept

Grundlagen und Praxis der vibratorischen Muskelstimulation mit dem Galileo-System

Die Grundlagen der seitenalternierenden vibratorischen Muskelstimulation

Das Galileo-System stimuliert die Muskeln, indem es durch rhythmische Krafteinleitungen Vibrationen auslöst. Im Fall der Galileo-Wippe werden die Kräfte über die Beine im rhythmischen Wechsel zwischen linker und rechter Körperseite eingeleitet und erzeugen reflektorisch diejenigen Bewegungsmuster, die die physiologische Grundlage von Gehen und Laufen sind.

Vibration, gleichbedeutend mit dem Begriff Schwingung, ist die kontinuierliche Umwandlung von verschiedenen Energieformen ineinander. Im Falle der Bewegung bei Tier und Mensch geht es um die kontinuierliche Umwandlung von Bewegungsenergie in Lageenergie und zurück. Dies ist ein universelles Prinzip menschlicher und tierischer Fortbewegung, das der Optimierung des Wirkungsgrades dient und das zu verstehen sich als sehr hilfreich für Diagnostik und Behandlung menschlicher Bewegungen erweist.

Das Verfahren ist also gekennzeichnet durch die Begriffe Muskelstimulation, seitenalternierende Vibration (=Schwingung), Wirkung über Reflexe, und hat noch nicht zu einer einheitlichen Namensgebung gefunden. Verwendet werden die Begriffe reflektorische oder vibratorische Muskelstimulation, Vibrationstraining bzw. –therapie, oder Ganzkörpervibration (engl. vibration exercise, whole-body vibration, reflective muscle stimulation).

Die Stimulation über Reflexe führt zu schnelleren und präziseren Muskelaktionen als willentliche Bewegungen, gestattet eine höhere Wiederholungszahl der Muskelaktionen pro Zeiteinheit, und ist mit einer geringeren subjektiven Anstrengung verbunden.

Seit der französische Arzt Charcot die ersten therapeutischen Geräte zur Vibrationstherapie konstruierte, sind eine Fülle unterschiedlicher Formen der Vibration zur Anwendung gekommen, deren Wirkweisen unterschieden werden muss.

Wesentlich am Galileo-Prinzip ist die Auslösung von Muskelvibrationen in natürlichen seitenalternierenden Bewegungsmustern, z.B. im Gegensatz zum Aufsetzen von Vibrationsgeräten auf den Körper in Art einer Massage.

Die Galileo-Wippe, die im Folgenden schwerpunktmäßig besprochen wird, stimuliert also die Muskeln entsprechend dem Bewegungsmuster beim Gehen und Laufen,
a) seitenalternierend im Wechsel zwischen rechts und links, sowie
b) im Wechsel zwischen Agonist und Antagonist.

Der Unterschied zwischen dieser seitenalternierenden Krafteinleitung und einer vertikalen, also gleichzeitig auf die rechte und linke Körperhälfte ausgerichteten, ist wesentlich für Wirkungen und Nebenwirkungen.

Die Gerätefrequenz führt in kurzer Zeit zu einer hohen Anzahl von Stimulationen und begünstigt so motorisches Lernen, das bekanntermaßen abhängig ist von hohen Wiederholungszahlen.

Die besondere Konstruktion des Galileo-Systems gestattet eine stufenlose, individuelle Dosierung der Krafteinleitung und deren abgestufte, schnelle Änderung während der Anwendung. Die gleichmäßigen Krafteinleitungen gestatten eine feindosierte Kontrolle der Übungen.

Die Schnelligkeit der Kraftanstiegs (rate of force development) spricht besonders die für schnelle Bewegungen zuständigen Systemelemente an, die primären Rezeptoren der Muskelspindeln und Ia-Afferenzen.

Die rhythmische Krafteinleitung wirkt im ganzen Körper. Sobald Kraft mit Weg verbunden ist, müssen wir von Energie reden. Im Körper entstehen aus kinetischer Energie 2 Arten von potentieller Energie: Energie durch Dehnung von elastischen Strukturen (Energie = Kraft x Weg), und Energie als Lageveränderung von Masse.

Die Energie wird entsprechend den Resonanzbedingungen in die einzelnen Körperabschnitte übertragen. Damit die mechanische Energie nicht als Wärme für die Bewegung verloren geht, müssen die einzelnen Körperabschnitte in Resonanz gehen.
Die für diesen Vorgang entscheidende Resonanzfrequenz ergibt sich aus dem Verhältnis von Steifigkeit zur Masse (Omega= Wurzel aus Steifigkeit diviidert durch Masse.)

Klinisch fassbar ist die Steifigkeit als Muskeltonus, demnach bedeutet Koordination die richtige Einstellung der Steifigkeit.

Die Steifigkeit der einzelnen Körperabschnitte ist natürlich unterschiedlich. Dabei darf ein Körperteil nicht isoliert gesehen werden, sondern in seiner anatomischen „Aufhängung“ in den Körper.

Durch die mit dem Galileo-System eingeleiteten Kräfte werden nicht nur motorische Funktionen stimuliert, sondern auch vaskuläre und hormonelle. Der obligate Juckreiz nach einigen Minuten Übung ist z.B. Ausdruck einer gewebshormonellen Reaktion, die Steigerung der Muskel- und Hautdurchblutung sichtbares Zeichen vaskulärer Wirkungen.

Wie sehr Bewegung mit nahezu allen Körperfunktionen verbunden ist, kann an den Folgen der Immobilität abgelesen werden (Tab. 1).

In der Medizin ist die Vibration erst in den letzten Jahren als Therapie- und Trainingsprinzip breiter diskutiert worden. Vielfach wird „Vibration“ eher als schädigendes Prinzip wie bei der Arbeit mit technischen Apparaten gesehen, z.B. bei der Auslösung von Vibrationstraumen bei der Arbeit mit dem Presslufthammer oder in rüttelnden Fahrzeugen. Global und einführend formuliert: Entscheidend zur Differenzierung sind Form, Amplitude, Frequenz und Dauer der Vibrationen. Die Beschleunigung auf dem Galileo ist harmonisch. 3 Stunden Arbeit mit dem Presslufthammer oder 8 Stunden in einer vibrierenden Baumaschine sind nicht mit den Behandlungssituationen der Vibrationstherapie zu vergleichen, seitenalternierende Stimulation nicht mit vertikaler Krafteinleitung.

Unterschiede der Krafteinleitung: Richtung, Frequenz und Amplitude

Kraft wird definiert als das. was beschleunigt oder verformt. Vibrationen sind das Resultat von Krafteinleitung, die durch elastische Verformung oder Lageveränderung von Masse Energie übertragen.
Im Fall der Galileo-Wippe steht der Übende auf eine Wippe, deren Achse senkrecht zur Frontalebene verläuft, und die abwechselnd wie beim Gehen die rechte und linke Körperhälfte nach oben stößt. Diese Krafteinleitungen lösen die Bewegungsketten aus, die unter physiologischen Bedingungen seitenabwechselnd bei jedem Schritt beim Gehen und Laufen auftreten.

Die Berechnung der eingeleiteten Kräfte muss berücksichtigen, dass der Körper nicht starr mit dem Gerät verbunden ist, sondern federartig und stoßdämpferartig angekoppelt ist. Die Muskeln fungieren gleichzeitig in wechselnden Kombinationen als Federn und Stoßdämpfer.

Physikalische Berechnungen ergeben, dass die Kräfte beim Galileo-Training im Bereich der im Alltag auftretenden Kräfte liegen, und deutlich unter denen bei vielen Sportarten.

Die durch das Gerät ausgelösten Körperreaktionen sind genau wie beim Gehen und Laufen nicht auf die Beine beschränkt. So wie während der Schwungbeinphase die paravertebrale Muskulatur das gleichseitige Becken hochhält, wirkt das patentierte Galileo-Verfahren die ganze Wirbelsäule entlang. Diese physiologische, seitenalternierende Stimulation baut auf den neurologisch reziprok verschalteten Bewegungsmustern auf.

Wie sehr unser Körper auf seitenalternierende Bewegungen optimiert ist, kann leicht im Selbstversuch erfahren werden. Geeignet dafür ist ein Tappingversuch, z.B. mit den Fersen im Sitzen. Wenn man versucht, im Sitzen so schnell wie möglich hintereinander mit der Ferse auf den Boden zu klopfen, gelingt dies im Links-rechts-Wechsel schneller und müheloser als jeweils mit einem Bein. Diese Tatsache hat eine große Bedeutung für Diagnostik und Therapie von Bewegungen.

Schwingung ist definiert als kontinuierliche Umwandlung von Bewegungsenergie in Lageenergie und zurück. Motorisch bedeutsame Beispiele für die Umwandlung der beiden Energieformen ineinander ist das Pendel und die an einer Feder schwingende Masse. Beide Prinzipien hat die Evolution in der Lokomotion der Lebewesen in einer erstaunlichen Variationsbreite verwirklicht. Immer ist es das Ziel, durch Erhöhung des Wirkungsgrades mit der vorhandenen Energie möglichst sparsam umzugehen, und sie gleichzeitig blitzschnell mit hoher Leistung zur Verfügung zu haben. Alle verschiedenen Mechanismen, wie die Schwingen der Vögel, die Windungen einer Schlange, der Sprung eines Grashüpfers, das Hüpfen eines Kängurus oder eben das Gehen des Menschen folgen denselben physikalischen Gesetzen.

Die Ausbreitung der Vibrationen im Körper wird durch Gelenkstellungen und Muskeltonus bestimmt. Wie bereits angedeutet, bestimmt auf der Seite des Körpers die Steifigkeit eines Körperabschnittes gemeinsam mit seiner Masse die Eigenfrequenz und damit das Ausmaß der Energieübertragung. Geräteseitig werden Amplitude und Frequenz variiert.

Die Höhe Krafteinleitung hängt neben der Steifigkeit des Körpers von der Amplitude der Wippe ab, die durch den Fußabstand von der Achse bestimmt wird. Die Maximalamplitude ist ca. 6 mm (Galileo 2000):
Enge Fußstellung = kleine Amplitude = niedrige Krafteinleitung,
weite Fußstellung = große Amplitude = hohe Krafteinleitung.

Die Beschleunigung der Platte ist hoch (bei 30 Hz bis zu 20 g). Dies sagt aber nichts über die resultierende Krafteinleitung aus. Diese ist abhängig von der Steifigkeit des Körpers auf der Platte.
Nur für einen absolut steifen Körper gilt Kraft = Masse x Beschleunigung. Wird eine Masse über elastische Elemente angekoppelt wie bei ein Übender an die Platte mit seinen Muskeln und Sehnen, hängt die auftretende Kraft nur von der Federsteifigkeit ab (N/m).

Die typische Steifigkeit von Beinen incl. Rücken liegt bei 150-300 N/cm. Auf dem Galileo entstehen damit bei 5 mm Weg Maximalkräfte von 15 –20 % des Körpergewichtes.

So federt der menschliche Körper die regelmäßigen Krafteinleitungen ab. Dies ist geradezu das Behandlungsprinzip, dem System beizubringen, auf hohe Kräfte adäquat zu reagieren. Der kurze Hub und die Abfederung durch den Körper führen zur Einleitung von Kräften, die in derselben Größenordnung liegen wie Alltagsbewegungen.

Neben der Höhe der Krafteinleitung entscheidet die Stimulationsfrequenz über die Wirkungen auf die Muskeln:

-Langsame Stimulationen zwischen 5 und 15 Hertz (Aktionen pro Sekunde!) bewirken niedrige Krafteinleitungen, als Wirkung lockern sie verspannte Muskeln, erhöhen die Flexibilität und mindern Schmerzen;

-Höhere Frequenzen zwischen 15 und 30 Hertz bewirken eine hohe Krafteinleitung, als Wirkung erhöhen sie die Muskelleistung, die als Produkt aus Kraft und Geschwindigkeit die entscheidende Größe für Bewegung ist (wie PS beim Auto). Eine erzielte Verfeinerung der Muskel-Koordination zeigt sich z.B. in einer Verbesserung der Balance.

Hohe Wiederholungsfrequenz als notwendiges Merkmal des motorischen Lernens

Es ist wissenschaftlich, klinisch und in der täglichen Erfahrung bekannt, dass erfolgreiches motorisches (=prozedurales) Lernen von der Wiederholungszahl abhängig ist. Optimale Bewegungen sind solche, die durch viele tausend Wiederholungen automatisiert sind.

Die vibratorische Muskelstimulation führt durch die hohen Frequenzen bei relativ kurzer Trainingszeit zu einer großen Wiederholungszahl. Ein Training von einer Minute mit 25 Hertz Frequenz führt zu einer Wiederholungszahl von 60 x 25 = 1500 Zyklen entsprechend 1500 Schritten.

In der Unterschätzung der hohen Wiederholungszahlen liegt ein gewisses Risiko der Überdosierung. Wegen der Kürze der Zeit, die für die hohen Wiederholungszahlen lediglich nötig ist, kann man die Wirkung unterschätzen. Eine langsame Steigerung der Behandlungszeiten ist nötig. Dies gilt natürlich nur für hohe Frequenzen und hohe Krafteinleitung, nicht für die muskellockernden niedrigen Frequenzen.

Beim Üben mit hohen Zusatzgewichten kann man schon nach 30-60 Sekunden völlige Erschöpfung und damit optimale Trainingsreize erreich

Zur Schnelligkeit der ausgelöste Muskelreaktionen

Das Galileo-System stimuliert besonders die schnellen Bewegungselemente, die im Sport, aber auch im Alltag die größte motorische Herausforderung darstellen. Um beim Stolpern einen Sturz zu verhindern, muß die Muskulatur im Bereich von 20-40 Millisekunden regieren können (25 Hertz = 25 Schwingungen pro Sekunde = 1 Schwingung dauert 40 /1000 Sekunden).

Im neuromuskulären Regelkreis sind in den Muskelspindeln die Rezeptoren für die Wahrnehmung der Muskellänge und Längenänderung. Diese sind somit verantwortlich für die Wahrnehmung von Lage und Bewegung. Aus der Information über die Änderung der Muskellänge aus der Muskelspindel errechnet das ZNS die relative Position der Gliedmaßenabschnitte zueinander. Bei den sensorischen Nervenendigungen in der Muskelspindel werden primäre und sekundäre unterschieden, die unterschiedliche Signalbildungscharakteristica aufweisen. Die primären Nervenendigungen reagieren wesentlich empfindlicher auf die Geschwindigkeit der Längenänderungen, entsprechen in ihrem kybernetischen Verhalten also vorwiegend Differentialfühlern. Sie liefern Informationen sowohl über die Geschwindigkeit von Bewegungen als auch über die statischen Stellungen der Gliedmaße. Damit sind sie sehr empfindlich gegenüber zeitlich kurzen Reizen, wie sie exemplarisch bei Vibrationen vorliegen.

Wie Kandel, Schwartz und Jessel in ihrem Standardwerk Essentials of Neural Science and Behavior (dt. „Neurowissenschaften“, 1996, S. 514-525) erklären, ergibt sich aus der besonderen Empfindlichkeit der primären Nervenendigungen der Muskelspindel für Geschwindigkeitsänderungen im Zusammenspiel mit der Alpha-Gamma-Coaktivierung der intrafusalen Fasern die nötige Information für das ZNS, Unregelmäßigkeiten der Bewegungsausführung während der Bewegung zu erkennen und auszugleichen. Dieses System wird durch Vibrationen besonders angesprochen. Es handelt sich um einen Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler).

Zum Verhältnis Vibration – Alltagsbewegungen

Um Wirkung und Bedeutung von Vibrationen zu verstehen, muss man die Vibration als gleichmäßige Folge von Bewegungsabschnitten sehen, die üblicherweise einzeln bei Bewegungen vorkommen. So entspricht der einzelne Vorgang wie das Einfedern eines Beines beim Sprint oder Sprung einer bestimmten Schwingungsfrequenz. Dauert ein Kraftanstieg z.B. 20 ms (180 Grad einer Sinusschwingung), entspricht dies einer kompletten Phasenlänge von 40 ms, und damit einer Frequenz von 1000/40=25 Hz. In der Vibration wiederholen wir also in schneller Folge Bewegungsphasen, die einzeln in täglichen Bewegungen vorkommen. Wie vorgerechnet, entspricht eine 25 Hertz-Vibration einem Bewegungsabschnitt von 40 ms Dauer.
Universelle Bedeutung der Vibration und mögliche schädigende Wirkungen

Insgesamt spielen Vibrationen in unserer technischen Umwelt eine wichtige Rolle, werden im öffentlichen Bewusstsein und der Medizin aber eher mit Störfällen und Gewebeschädigungen assoziiert. Vibration in Fahrzeugen ist mindestens störend, vibrierende = schwingende Gebäude sind vom Einsturz, schwingende Brücken und Tragflächen von Zerstörung bedroht. Mit Vibrationen werden Materialien aufgelöst oder zerstört, vom Zahnstein bis zur Betonmauer.

In der Arbeitsmedizin wird Vibration als Noxe betrachtet und eher mit Gewebeschädigung gleichgesetzt. Vibration bedeutet Energieübertragung und ist im wahrsten Sinne des Wortes ein kosmisches Phänomen. Die Natur bedient sich der Resonanz bzw. Schwingung in vielfältiger Weise, z.B. beim Trommelfell und den Haarzellen zum Hören, bei der Windkesselfunktion der Gefäße genauso wie bei der Atmung, und eben bei der Fortbewegung. Dass wir Musik machen via Resonanz auf Saiten und in Röhren basiert ebenso auf Vibration und Resonanz wie Lautsprecher und Radioempfänger. Die Beispiele sollen die universelle Bedeutung der Vibration resp. Resonanz betonen, und klarmachen, dass bei Vibration alles von Amplitude, Frequenz, Dauer und Höhe der Krafteinleitung abhängt. Wie immer macht die Dosis den Unterschied zwischen Physiologie und Pathophysiologie.

5 Stunden Presslufthammer sind nicht mit 9 Minuten Galileo vergleichbar, 5 Minuten Galileo mit enger Fußstellung nicht mit 5 Minuten weiter Fußstellung, und 5 Minuten bei 12 Hz nicht mit 5 Minuten bei 27 Hz.

Wissenschaftliche Wirkungsnachweise

Die Vibration insgesamt und das Galileo-System im besonderen werden seit Jahren weltweit angewendet und wissenschaftlich untersucht, allerdings in sehr verschiedenen Formen. Beim Vergleich verschiedener Formen der vibratorischen Muskelstimulation müssen die physikalischen Unterschiede in der Applikation der Vibration berücksichtigt werden.

Untersucht wurden junge und ältere Menschen, Gesunde und Patienten, Männer und Frauen, Schafe, Ratten, Muskeln, Knochen, Blutgefäße, Hormone, Blasenfunktion.

Untersucht wurde die Wirkung auf Muskelkraft (isometrisch), Muskelleistung (also Kraft in Bewegung), Balance, Knochenabbau, Durchblutung, Inkontinenz, Energieverbrauch, neuronale Aktivität.

So vielfältig wie die angesprochenen Themen sind die Ergebnisse, und längst nicht immer leicht miteinander vergleichbar. Die oben dargestellten Prinzipien der Physik müssen bedacht werden, um die verschiedenen Untersuchungen differenziert zu beurteilen.

Aus der Literatur ergibt sich eine zunehmende Evidenz, dass Vibration in der hier dargestellten seitenalternierenden (patentierten) Form positive Wirkungen auf Muskelfunktionen, Muskelstruktur, Koordination der Bewegungen, Knochenmasse und –festigkeit und Durchblutung hat, und zwar ohne schwere schädigende Nebenwirkungen. Die Vielfalt der Wirkungen erklärt sich aus der universellen Bedeutung von Bewegung und Vibration/Schwingung für den menschlichen Körper.

Bei intensivem Galileo-Training kommt es zum Muskelkater. Dies ist ein Hinweis auf therapeutische Induktion von Reparaturvorgängen.

Der derzeit aktuellste und überzeugende Nachweis der Wirksamkeit des Galileo-Trainings gelang in der Berliner BedRest-Studie, die von Dieter Felsenberg und Jörn Rittweger und Mitarbeitern an der Berliner Charité für die Europäische Raumfahrtbehörde ESA zur Vorbereitung der Mars-Mission durchgeführt wurde.

In verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen wurden folgende Wirkungen nachgewiesen:
Verbesserung von
-Muskelleistung und Muskelkraft,
-Muskelmasse,
-Knochenfestigkeit,
-Balance/ Haltungskontrolle,
-Durchblutung,
-Stress-Inkontinenz,
-Rückenschmerzen.

Muskelleistung und Balance/ Haltungskontrolle sind die bestimmenden neuromuskulären Größen für die Sturzgefahr, in Kombination mit Knochenfestigkeit sind sie entscheidend für alters- und sturzassoziierte Frakturen. Das Galileo-Vibrationstraining ist deshalb ein verheißungsvoller Kandidat für die Prävention von altersassoziierten Stürzen und Knochenbrüchen.

Physiologische Erklärung der Wirkung auf die menschliche Lokomotion

Das Galileo-System basiert auf der Anwendung biologischer, kybernetischer und physikalischer Gesetze. Es geht um die Begriffe Schwingung, Resonanz, Zyklizität, elastische Energiespeicherung, Muskelleistung.

Schwingung wurde bereits als Kernbegriff zum Verständnis menschlicher Bewegung thematisiert. Die beiden physikalischen Modelle, die den Schwingungen im menschlichen Körper entsprechen, sind das Pendel und die an einer Feder schwingenden Masse. Die notwendigen Begriffe zur Berechnung von Schwingung sind Eigenfrequenz, Masse und Steifigkeit. Steifigkeit ist die Eigenschaft einer Struktur, die kennzeichnet, wie viel Kraft für eine Längenänderung (Verformung) nötig ist (N/m). In der ungeschulten Alltagssprache spricht man meist von Elastizität.

Zur wissenschaftliche (i.e. physikalischen) Analytik der menschlichen Bewegung ist weiter der zyklische Charakter der Lokomotion (Gehen, Laufen) zu bedenken. Die Evolution imitiert mit dem menschlichen Gehen ein Rad, dessen Achse durch die Hüftgelenke geht. Die Beine entsprechen den Speichen eines Rades. Die Comiczeichner haben dies schon immer begriffen, wenn sie ihre Figuren so malen, dass aus den Beinen ein sausendes Rad wird.

Gehen als zyklische Bewegung ist damit mathematisch gesehen die Abtragung eines Kreises über die Zeit. Dies entspricht der Sinuswelle. In der klinischen Beobachtung entspricht diese mathematische Betrachtungsweise der Erfahrung, dass die Gleichmäßigkeit der Lokomotion das entscheidende Merkmal der Gangqualität ist. Physikalisch kann Gehen als eine phasengerechte Kombination von multiplen Feder-Masse-Systemen und pendelnden Massen verstanden werden.

In schwingenden Armen und Beinen bzw. im schwingenden Rumpf sowie in den gedehnten Muskeln und Sehnen wird Energie zwischengespeichert und koordiniert in Bewegung umgewandelt. Wenn wir vor einem Sprung in die Knie gehen oder vor einem Wurf ausholen, arbeiten wir mit der elastischen Energiespeicherung und benützen in der Ausholbewegung unsere Muskeln, Faszien und Sehnen wie eine Bogensehne.

Die physikalische Funktion des Wechsels zwischen konzentrischen und exzentrischen Bewegungen wird durch den Mechanismus der Energiespeicherung und Schwingung als sinnvoll verständlich. Die in der exzentrischen Ausholbewegung gespeicherte Energie dient zur hohen Beschleunigung. Erst mit Beginn einer Bewegung beginnende Aktin-Myosin-Interaktionen würden nicht schnell genug Energie bereitstellen. Klinisch wird von Vorspannung gesprochen. Durch vorherige elastische Energiespeicherung können wie für schnelle und kräftige Bewegungen sehr schnell eine hohe Leistung abrufen – um zum Beispiel einen Sturz zu verhindern oder einen Wettkampf zu gewinnen (Kraft x Geschwindigkeit = Leistung).

Diese Zusammenhänge können qualitativ und quantitativ in der Mechanographie mit dem Leonardo-System analysiert werden (siehe Anhang).

Zum Begriff der Leistung

Rationale Behandlung von Bewegung erfordert Messverfahren, die die Testgütekriterien erfüllen, also reliabel, valide, praktikabel und veränderungssensitiv sind. Mit welcher physikalischen Größe messen wir Bewegungen? Was messen wir, um Therapieergebnisse zu evaluieren?

Bei einem neuen Therapieansatz wie der vibratorischen Muskelstimulation kann auf Dauer nur der erfolgreich behandeln, der die Grundprinzipien versteht. Ohne ein Basisverständnis der Physik, die der Bewegung zugrunde liegt, ist auch eine Kommunikation zwischen Behandelnden nicht erfolgversprechend.

Leistung (engl. power) ist der physikalisch korrekte Begriff, um Bewegung zu beschreiben und zu messen.

Bei Bewegungsstörungen wird in der Medizin am ehesten von „Kraft“ bzw. deren Fehlen gesprochen. Man spricht von Muskelschwäche, Parese, Plegie, Lähmung. Der Begriff „Kraft“ ist aber ungeeignet, um mit ihm allein Bewegung zu beschreiben. Kraft ist die Ursache von Veränderungen von Geschwindigkeiten, aber nicht geeignet, um als isolierte Größe die Bewegung selbst zu beschreiben.

Um Bewegung zu verstehen, bietet sich der Begriff Energie an. Jede Bewegung benötigt Energie. Energie = Kraft x Weg. Jede Bewegung enthält auch Energie (kinetische Energie). So ist die Höhe eines Sprunges proportional zur Menge der Energie, die hineingesteckt werden kann. Beispiel: ein von einem Bogen abgeschossener Pfeil, ein Sprung mit Ausholbewegung (counter movement).

Wie viel Energie steckt in einem Pfeil? Dies ergibt sich direkt aus der Kraft, mit der der Bogen gespannt wurde, und dem Weg, d.h. der Verbiegung des Bogens und der Dehnung der Sehne: Energie = Kraft x Weg. Die Energie, die als Kraft und Weg in Bogen und Sehne gespeichert ist, wird in Bewegung umgewandelt.

Dieselben grundsätzlichen Zusammenhänge erkennen wir auf einem Trampolin, und sie stecken in jedem Schritt beim Gehen oder Laufen oder bei jedem Sprung. Das Hüpfen auf den Vorfüßen wie beim Hüpfen/ Seilchenspringen ist eine weitere Demonstration dieses Prinzips von der Umwandlung von Bewegungsenergie in Lageenergie. Wenn wir in der exzentrischen Bewegung landen, vernichten wir nicht die Bewegungsenergie wie ein Stoßdämpfer, sondern speichern möglichst viel davon wie eine Feder. Dass es auf die genau zeitliche Abstimmung der Auf- und Abwärtsbewegungen ankommt, ist schon intuitiv zu erfassen. Mit diesen Alltagsbeispielen sind wir mitten im Thema Schwingung = Vibration.

Die Sprunghöhe ist proportional zur hineingesteckten Energie als Produkt von Kraft mal Weg oder gleichbedeutend als Produkt von Kraft x Geschwindigkeit x Zeit. Mit der letzteren Umformung der Energie wird verständlich, dass ein Sprung nicht allein mit dem Faktor Kraft beschrieben werden kann, sondern unvermeidlich mit diesem Produkt aus drei Faktoren, die die einzigen Variablen sind, die Weite oder Höhe beim Sprung bestimmen. Wie lange wirkt welche Kraft bei welcher Geschwindigkeit?

Die physiologischen Reaktionen des Körpers und die subjektive Anstrengung ergeben sich aus der Leistung, mit der eine Bewegung durchgeführt wird. Leistung ist definiert als Arbeit pro Zeit. Wir können eine bestimmte Arbeit, wie z.B. unseren Körper eine 3 m hohe Treppe hoch zu bewegen, in sehr unterschiedlicher Zeit, d.h. mit unterschiedlicher Leistung und damit unterschiedlicher physiologischer Beanspruchung und subjektiver Anstrengung durchführen. Die Arbeit ist immer die gleiche, ob wir 3 Sekunden oder 10 Sekunden brauchen. Was sich unterscheidet, ist die Leistung. So beurteilen wir intuitiv im Alltag eine motorische Leistung nach der Geschwindigkeit, aber immer mit der intuitiven groben Einschätzung, wie viel Kraft dafür nötig ist. Und damit erfassen wir die drei entscheidenden Größen: Kraft, Weg und Zeit bzw. Kraft und Geschwindigkeit. Leistung ist Kraft mal Geschwindigkeit.

Ein Berechnungsbeispiel:
100 Kg Gewicht = 1000 Newton Kraft.
1000 Newton x 3 m = 3000 Joule.
Ein Mensch, der 3 m eine Treppe hochgeht, erzeugt 3000 Joule Lageenergie.

3000 J/ 3 s = 1000 J/s = 1000 Watt.
3000 J/10 s = 300 J/s = 300 Watt.
Dies sind die unterschiedlichen Leistungen der beiden Treppengänge.

Da Arbeit = Kraft x Weg ist, Leistung wie hier illustriert = Arbeit / Zeit, ergibt sich: Leistung = Kraft x Weg / Zeit = Kraft x Geschwindigkeit (denn Weg / Zeit = Geschwindigkeit). So stellt sich mathematisch Leistung dar als Produkt aus Kraft und Geschwindigkeit.

Kraft allein ist ein rein statischer Begriff, der Bewegung regelrecht ausschließt. Kraft allein zu messen ist nur isometrisch = ohne Bewegung möglich. Sobald sich etwas bewegt, wirkt eine Kraft über einen Weg in einer Zeit, und damit geschieht Leistung.
Klinisch entspricht dies den Befunden, dass Kraft für sich genommen eine sehr mäßige Korrelation zu gelungenen Bewegungen aufweist. Deshalb ist Kraft als Ergebnisparameter für motorische Therapien auch nur sehr begrenzt geeignet.

Energie = Kraft x Weg, dies entspricht in anderer Auflösung der Formeln auch Energie = Kraft x Geschwindigkeit x Zeit. Wenn wir durch eine Bewegungsstrategie oder ein Gerät die in eine Bewegung gesteckte Energie vergrößern wollen, ist es wirkungsvoller, im Produkt Kraft x Geschwindigkeit die Geschwindigkeit, die im Quadrat in die Berechnung der kinetischen Energie eingeht (1/2 x m x v2). Wirkungsvoll ist auch eine Strategie, die über die Dauer der Kraft arbeitet (E = Kraft x Geschwindigkeit x Zeit). Wenn wir mit einer elastischen Angelrute arbeiten, benützen wir dieses Prinzip.

Unerlässlich zum Verständnis von Bewegung ist die Tatsache, dass wir eine bestimmte Bewegungsenergie, z.B. bei einem Fausthieb, Golfschlag, Sprung, mit sehr unterschiedlicher Kraft erreichen können. Wenn eine Muskulatur zu steif ist, kann Energie nicht adäquat gespeichert werden. Dies vermindert die Harmonie der Schwingung, das Gehen wird intuitiv umgangssprachlich als nicht flüssig, steif, abgehackt wahrgenommen.

Wer isometrisch über höhere Kraft verfügt, ist damit noch nicht derjenige, der eine „bessere“ Bewegung ausführen kann, z.B. einen Ball oder einen Körper höher beschleunigen kann, und damit weiter wirft oder schneller läuft. Sport ist üblicherweise Vergleich von Leistung, nicht von Kraft.

Kraft spielt klinisch natürlich eine Rolle, wenn sie kritisch reduziert ist. Wer aus dem Stuhl nicht hochkommt, hat einen Kraftmangel. Die von ihm zu produzierenden Bodenreaktionskräfte erreichen nicht die Größe, die sein Körpergewicht ausübt. Hier, bei der Unfähigkeit zu einer bestimmten Bewegung, ist die Kraftangabe klinisch sinnvoll.

Beim Aufstehen aus dem Sitzen muss eine Kraft generiert werden, die höher ist als die Gewichtskraft des Körpers. Um den Körper nach vertikal zu beschleunigen, muss die Gewichtskraft plus einer zusätzlichen Kraft zur Beschleunigung aufgebracht werden.

Klinisches Resümee

Mit dem Galileo-System steht eine Methode zur Verfügung, die zum Training und der Prävention Gesunder ebenso geeignet ist wie zur Behandlung von Bewegungsstörungen.
Das Galileo-Vibrationsystem kann Hochleistungssportler verbessern und motorisch schwer Behinderte, da es in weitem Umfang dosierbar ist.

Für Patienten, die nicht stehen können, steht der Kipptisch-Galileo zur Verfügung, der gegenüber dem Stand-Galileo noch stark erweiterte Möglichkeiten hat.

Die Tabelle 1 ist eine Indikationsliste mit Angaben, bei welchen Störungsbildern klinische Erfahrungen oder wissenschaftliche Studien zur Verfügung stehen.

Tabelle 2 benennt die Kontraindikationen. Dabei ist die akute tiefe Venenthrombose sicher die größte Gefahr. Es wurden allerdings noch keine konkreten Fälle berichtet. Aktivierung von Arthrosen und andere akute Entzündungen des Bewegungsapparates sind relative Kontraindikationen. Die Behandlung akuter Verletzungen (Bänderrisse und postoperative Zustände) ist in der klinischen Erprobung.

In den Aerpah-Kliniken Esslingen und Ilshofen werden jährlich ca. 2400 stationäre Behandlungen und Rehabilitationen durchgeführt, das Galileo-System wird seit 1999 eingesetzt, ca. 1/3 der Patienten werden damit behandelt. Es kam bisher nie zu einer schweren Nebenwirkung, und nur sehr vereinzelt (< 1%) zu vorübergehenden Reizungen und Aktivierungen von Arthrosen oder Tendinopathien. Nie kam es zur Aktivierung eines Steinleidens von Gallenwegen und Niere. In zahlreichen wissenschaftlichen Studien mit insgesamt vielen Behandlungsmonaten gibt es ebenfalls keine Berichte über schwere Nebenwirkungen. Von der Theorie her ist zu erwarten, dass auch frische Endoprothesen von Hüfte und Knie erfolgreich mit der Vibrationstherapie behandelt werden können. Die Therapie sollte über Verbesserung von Koordination und Muskelleistung zu einer schnellen Verbesserung führen und die Prothese eher schützen als gefährden. Aus juristischen Gründen raten wir in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Herstellers zurzeit wegen des Fehlens einer entsprechenden klinischen Studie vom Einsatz der Vibrationstherapie bei frischen Endoprothesen ab. In den Kliniken des Autors wird aus diesem Grund ein Sicherheitsabstand von 3 Monaten zwischen Galileo-Einsatz und Endoprothesen-OP eingehalten. Hier besteht im Interesse der Patienten ein dringender Forschungsbedarf. Grundsätzlich ist die Krafteinleitung die Größe, die über Restriktionen von Therapien resp. Bewegungen entscheidet, hierzu wurde ausführlich Stellung genommen. Herzschrittmacher demnach sind keine Kontraindikation, diese Patienten dürfen ja auch Treppen steigen, springen und laufen. Ein Wort zur aktuellen Etablierung der Methode in der Therapielandschaft. Eine neue Therapieform mit einem so technischen Erscheinungsbild muss sich in der kaum durchschaubaren Vielfalt der verschiedenen motorischen Therapieformen erst durchsetzen. Dies ist nur möglich mit objektiven Methoden der Messung von Lokomotion. Deshalb wurde der grundsätzliche physikalische Hintergrund von Bewegung ausführlich dargestellt. Motorische Therapie kann verstanden werden als Herstellung von Bedingungen, die das Bewegungssystem zur optimalen Selbstorganisation veranlassen. Dies ist ein anderer Ansatz als nach klinischer Phänomenologie, i.e. Schulwissen, persönlicher Erfahrung oder Intuition „falsche“ Bewegungselemente zu benennen und durch verbale Anweisungen korrigieren zu wollen. Solche Ansätze tappen schnell in die Falle, eine kinematische Normabweichung als Störung zu behandeln. Wenn ein Mensch, der gebeugt und kleinschrittig geht, aufgefordert wird, sich aufzurichten und große Schritte zu machen, ist damit in vielen Fällen nicht die Störung korrigiert worden (meist zudem vergeblich), sondern die Gegenmaßnahme des Systems gegen die Störung. Einen auf Glatteis vorsichtig gebückt und kleinschrittig Gehenden würde man ja auch nicht durch diese falschen Korrekturen („Aufrecht und große Schritte!“) zu Fall bringen wollen. In diesem Dilemma, was denn nun eine „gute“, „bessere“ Fortbewegung ist, bietet die Physik objektive und klinisch relevante Orientierung (vgl. Ausführungen zur Gleichmäßigkeit/ Zyklizität und Leistung). Deshalb ist eine physikalisch korrekte, objektive, valide Evaluation jeder motorischen Therapie zu fordern. In der Planung jeder Therapie müssen das Ziel und die Methode, mit der die Zielerreichung gemessen werden soll, klar und konkret benannt werden (vgl. auch Anhang „LEONARDO-Mechanographie). Auf dem Weg zu diesem Ziel spielen therapeutische Individualität, Kreativität und Intuition eine große Rolle. Dabei kann das Vibrationstraining gesehen werden als Möglichkeit, alle Bewegungssituationen zu potenzieren, die therapeutisch als günstig auf dem Gerät induziert werden. Das Galileo-System potenziert die Wirkung der motorischen Manöver, die darauf ausgeübt werden. Um einen Einstieg in die Variabilität der therapeutischen Möglichkeiten zu geben, wird auf die Aerpah-Leitlinien „Vibratorische Muskelstimulation mit dem Galileo-System - Handbuch Teil II und III“ verwiesen. Der vorliegende Text konzentrierte sich auf die Galileo-Wippe und das Üben im Stehen. Der Kipptisch-Galileo bietet eine große Erweiterung der Möglichkeiten, die Galileo-Hantel wurde hier ebenfalls nicht ausdrücklich behandelt (s. Tab. 3). Die positiven Wirkungen der Vibrationstherapie auf Muskelleistung und Muskelregulation mehrerer Organe (Muskel, Knochen, Gefäße, Blase) sind dabei jetzt schon nachgewiesen, wenn auch noch viele Fragen zur optimalen Indikation und Dosierung offen sind. Die therapeutischen Möglichkeiten der Methode sind noch nicht ausgeschöpft, für Forschungen bietet sich ein weiter Feld an. Tab. 1: Anwendungsgebiete und Hinweise zur Wirkungsweise der vibratorischen Muskelstimulation mit dem Galileo-System Anwendungsgebiet Wirkung Muskelschwäche & Muskelabbau bei Dekonditionierung Verhinderung von Muskelabbau bei Immobilität/ disuse, Steigerung der Muskelkraft und Muskelleistung, Muskelaufbau Verbesserung der kompensatorischen Muskelleistung bei verschiedenen Formen der Muskeldystrophie Keine Beeinflussung des primären Abbauprozesses, kompensatorische Wirkung auf nicht direkt betroffene Muskeln Osteoporose Verbesserung der Knochenmasse und Knochenfestigkeit durch höhere Muskelkraft Spastische Paresen – z.B. nach Schlaganfall und MS, Paraplegie Verbesserte Tonuskontrolle, bessere intra- und intermuskuläre Koordination; Entspannung durch Dehnung, höhere Bewegungs-geschwindigkeit Parkinson Verbesserte Tonuskontrolle, bessere intra- und intermuskuläre Koordination Stress-Urin-Inkontinenz Verbesserung von Tonus- und willentlicher Kontrolle der Blasen- und Beckenbodenmuskulatur. Rückenschmerzen Entspannung, Dehnung der Muskulatur, bessere Koordination Verbesserung der Durchblutung Erweiterung der Blutgefäße, Tonusregulation der Gefäßwandmuskulatur, Aktivierung von Gewebshormonen. Eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit Dehnung elastischer Strukturen (bessere Energiespeicherung). Sturzgefahr Risikofaktoren „verminderte Muskelleistung und verminderte Balance“ besser Tab. 2: Kontraindikationen der vibratorischen Muskelstimulation mit dem Galileo-System • Akute tiefe Thrombose (in letzten 6 Monate) • Akutes Steinleiden Niere oder Galle (akutes Ereignis in letzten 3 Monaten) • Schwangerschaft • Frische Endoprothesen an unteren Extremitäten (< 3 Monate) • Instabile Fraktur der Wirbelsäule (< 3 Monaten) • Frische intracerebrale Blutungen (< 3 Monate) • Frische OP-Wunden (< 3 Monate) Bei entsprechender Erfahrung können akute Verletzungen mit dem Galileo behandelt werden. Die Kontraindikation bei frischen Endoprothesen besteht wg. unzureichedner Datenlage, vom Prinzip her ist eine Galileo-Therapie eher erfolgversprechend. Tab. 3: Gerätedifferenzierung der vibratorischen Muskelstimulation mit dem Galileo-System Das Galileo-System ist in verschiedenen Formen verfügbar:  als Wippe, auf der man steht, und mit der vor allem die unteren Extremitäten inklusive der Muskulatur der Wirbelsäule erreicht wird.  als Hantel, die Arm-, Hals-, Schulter- und Rumpfmuskeln behandelt;  oder als Kipptisch-Galileo, der im stufenlosen Liegen zwischen Horizontal und ca. 85 Grad (nahezu senkrecht) eine Therapie nicht stehfähiger Personen ermöglicht, dazu eine in weiten Grenzen dosierbare Teilbelastung (Größe der Krafteinleitung), sowie eine stufenlose graduierte Zuschaltung und bzw. Ausschaltung des posturalen Systems.